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Notizbuch

Das ist meine Geschichte...

Mein Name ist Maria, ich bin 61 Jahre alt und schreibe euch meine Geschichte. Bei dem Betroffenen handelt es sich um meinen Ehemann, mit dem ich zusammenlebe und zwei wundervolle Töchter habe.

Meine Geschichte ...

Ich heisse Maria, bin 61 Jahre alt, arbeite als Krankenschwester und habe seit 3 Jahren einen an Depression erkrankten Ehemann. Er verbrachte fast 2 Jahre, mit Unterbrüchen, in psychiatrischen Kliniken.

Als mein Mann Mitte April 2021 in die Psych. Klinik eingetreten ist und dann wegen Aggressivität isoliert wurde, wurde mir die Auskunft über den Zustand von ihm verweigert, da er nicht gesagt hätte, dass ich Auskunft haben könne. Während einer Woche wurden meine Töchter und ich alleingelassen und wir wussten nicht wie es ihm geht. Nachdem ich dann den Vorsorgeauftrag überreicht war, wurde ich dann spärlich informiert.

Ich besuchte meinen Mann in den ersten 4 Monaten nach Möglichkeit jeden 2. Tag, wurde aber nie von jemandem aus der Klinik gefragt, wie es eigentlich uns zu Hause geht. «Wir kümmern uns sehr um die Angehörigen und führen regelmässig Gespräche mit ihnen»… so konnte ich den Leitsatz der Klinik aus der Webseite entnehmen. Ich fühlte mich hingegen völlig alleingelassen. Auch seine Geschwister standen nicht mehr hinter mir und den Kindern. Sie sagten immer wieder, ich solle ihn nach Hause nehmen, dann werde alles wieder gut. Zum Glück konnte ich arbeiten gehen, denn wenigstens am Arbeitsplatz hatten alle Verständnis für meine Situation.

 

Bevor ich meinen Mann Anfang Sept. 21 in eine andere Psych. Klinik verlegen liess, sagte mir die Oberärztin: Ich sei schuld an seiner Depression und es sei ja so, dass ich ihn gar nicht mehr wollen würde. Ich fühlte mich, wie vor einem riesigen Abgrund und verstand nichts mehr. Statt Hilfe zu erhalten, bekam ich einen Niederschlag.

In der neuen Klinik hatte ich zuerst das Gefühl sie würden sich auch um mein Befinden kümmern, aber wegen Corona durfte ich meinen Mann nur ausserhalb der Klinik treffen. Somit hatte ich keinen Kontakt zu jemandem in dieser Klinik und musste mich weiterhin allein durchschlagen. Ich arbeitete, versuchte so oft wie möglich meinen Mann zu besuchen und gleichzeitig für unsere Töchter da zu sein. Zu dieser Zeit befand sich eine Tochter in der LAP-Phase, was ihr die Zeit zusätzlich erschwerte. Für mich selbst hatte ich daher nur noch wenig Zeit übrig. Die Psychologin, die ich in dieser Zeit aufsuchte, war keine grosse Hilfe für mich. Sie sagte nur, ich dürfe mir keine Schuld zuweisen und es sei sein Leben. Damit stand ich allein da.

 

Nach weiteren 3 Monaten musste ich ihn nach Hause nehmen, da die Versicherung nicht mehr bezahlen wollte. Ich, wie auch unsere beiden Kinder kamen an den Anschlag. Er lag mehrheitlich im Bett und interessierte sich für gar nichts, nicht einmal für das bestandene EFZ unserer Tochter. Seine Geschwister kamen ihn auch kaum noch besuchen und wenn, dann, nur wenn ich nicht da war. Der einzige Ort wo ich ab und zu über meine Geschichte sprechen konnte, war bei der Arbeit. Dort bekam ich immer wieder Unterstützung. Es war eine sehr schwierige Zeit und ich habe mir von irgendwo Hilfe erhofft. Dazu wollte sich niemand so richtig äussern oder man schickte mir irgendwelche Webseiten zu.

Anfang Mai 22 musste er wieder notfallmässig in die Klinik, da er wieder Suizidgedanken äusserte. Nun wurden wir erneut für die nächsten 4 Monate alleingelassen, ohne dass jemand aus der Klinik mal fragte, wie es uns zuhause geht.

Ende Sept. 22 kam er wieder nach Hause, die schwierige Phase ging weiter und Unterstützung fehlte immer noch. Es kam so weit, dass sich seine Geschwister in unser Leben einmischten und mir vorwarfen, dass ich mich zu wenig um ihn sorgen würde. Ich solle endlich aufhören zu arbeiten, damit ich zu 100 % für meinen Mann da sein könne. Sie kontrollierten den Kühlschrank und sagten, er hätte zu wenig zu Essen. Zusätzlich gingen sie auch auf die Kinder los und sagten ihnen, dass sie sich zu wenig um ihren Vater kümmerten. Zu dieser Zeit hat sich die jüngere Tochter ein Pony gekauft, was für sie zu einem Anker wurde, und ihr half die Situation zu verarbeiten/verstehen. Seine Geschwister warfen ihr vor, dass es unnütz sei und sie solle doch einen Psychiater aufsuchen, anstatt sich mit einem Pony abzugeben. 

Es kam fast zu einer Eskalation zwischen den Geschwistern von meinem Mann und mir und den Kindern. Ohne professionelle Hilfe versuchten wir die Situation zu meistern.

Im Jan 23 ging mein Mann wieder in die Psych. Klinik, um endlich die schon längst überfällige Elektrokonvulsions-Therapie zu machen. Seine Depression verbesserte sich rasch und er nimmt wieder aktiv am Leben teil.  Doch auch hier waren es wieder 9 Monate allein zu Hause, niemand aus der Klinik hatte nachgefragt, wie es zu Hause geht. Ich war für sie nur die Person, welche dazwischen zu Besuch kam und mit ihm ein wenig spazieren ging.

Mir kommt es so vor, dass angenommen wird, wenn die kranke Person in Behandlung ist, es den Angehörigen automatisch gut bzw. besser geht. Niemand denkt daran, dass die Angehörigen mitleiden, sich auch ihr Leben verändert und sie mit schwierigen Situationen konfrontiert werden.

Mein Wunsch ist, dass die Leute mehr darauf aufmerksam gemacht werden sollten, dass auch Angehörige Unterstützung brauchen. Mir hätte es viel gebracht, wenn ich mich mit anderen über meine Situation austauschen hätte können.

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