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Psychotherapie

Gespräch mit einer Psychotherapeutin

Die Depression soll von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Betroffene, Angehörige und auch Fachpersonen sollen ihre Erfahrungen schildern dürfen. 

Sichtweise einer Psychotherapeutin mit langjähriger Erfahrung

Im Verlauf unseres Projekts hatten wir das Glück, eine langjährige Psychotherapeutin befragen zu dürfen. Sie arbeitet mittlerweile als Dozentin an einer Höheren Fachschule, die Berufserfahrung bringt sie dennoch mit und möchte sie zur Verfügung stellen. 

Wir wollten ihre Sichtweise zu folgenden Themen erfahren:

Umgang mit Angehörigen: Es freut sie sehr, dass wir an die Angehörigen gedacht haben. Dies sei nicht selbstverständlich und sie gingen leider viel zu oft vergessen. Es ist wichtig diese miteinzubeziehen, da es eine Co–Abhängigkeit gibt, wie bei den Angehörigen der Alkoholkranken. Viele Angehörige gestehen es sich nicht ein, dass sie ebenfalls Hilfe brauchen und trauen sich somit nicht, diese anzunehmen oder sie einzufordern. Es ist jedoch sehr zu empfehlen, als Angehörige eine Anlaufstelle, zum Beispiel eine Gruppensitzung oder Ähnliches aufzusuchen, um die Krankheit, Schuldgefühle, Ängste und weitere Emotionen zu verarbeiten und die eigene Gesundheit nicht zu gefährden. In der Psychotherapie denken einige Fachleute systemisch, was bedeutet, dass die Angehörigen in Gespräche eingeladen werden oder die Fachperson führt, alle paar Monate, ein Gespräch mit ihnen. Dies muss im Einverständnis stattfinden.

Fatal ist es zu glauben, Kinder bemerken eine psychische Krankheit nicht und sie deswegen aussen vorzulassen. Man sollte sie, wenn immer möglich involvieren, denn sie verstehen sehr viel auf der emotionalen Ebene und man kann sie gut erreichen. Dies muss selbstverständlich altersgerecht geschehen. Es gibt Angebote wie Bilderbücher zum Thema Depressionen, welche die Krankheit erklären oder ähnliche Dinge, welche dabei unterstützend sind. Es ist für die Kinder sehr wichtig, um resilient zu werden, damit diese Entwicklung nicht gestört wird. 

Gesellschaftliche Sichtweise: Oft ist es vor allem für Eltern schwierig, diese Art der Krankheit zu akzeptieren. Es werden viele Vorwürfe gemacht und man kann nicht verstehen, wieso das „gut behütete Kind“ an einer psychischen Störung erkrankt ist. Da die Krankheit in der Gesellschaft nach wie vor einen schlechten Stand hat und nicht akzeptiert wird, ist es für Betroffene sowie Angehörige umso schwieriger, die Krankheit anzunehmen. Es gibt Fälle, in denen Personen, „Ich wünschte, ich hätte Krebs“ äussern. Natürlich nicht, weil dies besser oder einfacher wäre, sondern weil es in der Gesellschaft akzeptiert ist, man keine Vorwürfe bekommt und sogar mit Mitleid zugedeckt wird. Um solche Äusserungen zu minimieren oder gar verschwinden zu lassen, müsste in der Gesellschaft viel Arbeit in die Aufklärung gesteckt werden. Man müsste das Thema enttabuisieren, den Menschen das Verständnis für die Krankheit näherbringen und sie somit dazu bringen, die Krankheit anzuerkennen sowie zahlreiche andere Krankheiten wie zum Beispiel einen Beinbruch.  

Geschlechterspezifisch: In unserer Umfrage zeigte sich, dass viele die Annahme hatten, dass die Hormone ein wichtiger Auslöser sind, dass viel mehr Frauen an einer Depression erkranken als Männer. In der Bearbeitung der Theorie stiessen wir auf Diskussionen, ob dies nun belegt, werden kann oder nicht. Viele sagen, dass es mehrere Gründe hat und das grosse Ganze betrachtet werden muss. 
Die Psychotherapeutin äussert sich ebenfalls dazu, dass die Ursachen meist multikausal sind. Sie sieht einen wichtigen Punkt jedoch auch in den Übergängen, die eine Frau oder ein Mann im Leben hat, welche zu Schwierigkeiten führen können. Dies können die Erwartungen an eine perfekte Mutter-Vaterrolle sein, die neuen Lebensumstände nach der Geburt oder die allgemeinen hohen Erwartungen in unserer Gesellschaft. Solche Übergänge können mit anderen Faktoren zusammenspielen und dann zu einer Depression führen. Sie sieht einen grossen Einfluss bei unserer Leistungsgesellschaft, welche Depression im Allgemeinen begünstigen kann. Die Erwartungen der Gesellschaft, welche an Frauen und Männern gestellt werden, wurden in unserer Umfrage als häufigster Auslöser benannt.

 

Sie sah in ihrem früheren Berufsalltag, dass Frauen eher vertiefter reden und ihre Emotionen und Stimmungen genau beschreiben können. Dies sei bei den Männern weniger häufig vorgekommen. Einen Unterschied sieht sie darin, dass manche Männer anders leiden, als Frauen es tun und dieses Wissen noch wenig verbreitet ist. Männer neigen eher zu Überreizen, Wut und Schlaflosigkeit. Sie lassen sich eher die Aggressionstherapie oder Suchttherapie verschreiben und gehen erst später in die Psychotherapie. Auf die Frage hin, ob Männer eine andere Therapie als Frauen benötigten, meinte sie, dass jeder Mensch eine individuelle Therapie braucht. Wichtig ist es zuzuhören und gemeinsam herauszuarbeiten, was das jeweilige Thema ist und das ohne direkten Einbezug des Geschlechtes. Oft müssen die Hausärzt:innen mit Spezialist:innen zusammenarbeiten, da diese ein breiteres Fachwissen mitbringen, wie zum Beispiel die Einstellung der Medikation. 

 

Bei der postpartalen Depression gelten nicht die Hormone als Hauptauslöser, da auch Männer von dieser Art von Depression betroffen sein können. Viel wichtiger ist dabei zu sehen, dass eine Geburt viele Veränderungen und Erwartungen mit sich bringt. Im Allgemeinen wird heute die Geburt romantisiert, jedoch können Komplikationen auftreten und die Gesamtheit unterschätzt werden. Eine Geburt ist nicht nur schön, sondern bringt viele Veränderungen und Anstrengungen mit sich. Die genetischen Faktoren und die jeweiligen Situationen können schlussendlich das Fass zum Überlaufen bringen. Auch hier sehen wir wieder, wie viele Faktoren zusammenspielen. Schlafmangel spielt in dieser Lebensphase eine bedeutende Rolle, auch die psychischen und physischen Veränderungen können einen Einfluss haben. Des Weiteren spielt das Umfeld, zum Beispiel, ob es das erste Kind im Familien- und Freundeskreis ist, eine zentrale Rolle. Die neue Aufgabe und die Veränderung in der Arbeitswelt dürfen dabei nicht vergessen gehen. Teilzeit zu arbeiten, den Wiedereinstieg, aber auch das Aufgeben der Arbeit können wichtige Faktoren sein. Die eigenen Vorstellungen sowie gewisse Persönlichkeitsstile, wie zum Beispiel Perfektionismus, können das Ganze noch weiter vorantreiben.

 

Was sie mitgeben möchte:
Das Thema soll allgemein anerkannt werden, wir müssen versuchen zu verstehen und nicht zu verurteilen. Die Enttabuisierung wäre ein anzustrebendes Ziel und dafür müsse Aufklärung geschaffen werden. Wichtig als Tipp, denn sie gerne auf den Weg geben möchte ist, achtsam zu sein.  

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